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Zum Kennenlernen ist man nie zu alt

Vorstellungen von Deutschen und Türken unterscheiden sich kaum
 
Jeder Mensch möchte im Alter liebevoll und fürsorglich betreut werden: Auf diesen gemeinsamen Nenner brachten deutsche und türkische Senioren ihre Wünsche beim jüngsten Treffen des Netzwerks „Zum Kennenlernen ist man nie zu alt“ im Seniorentreff „Haus Sonnenuhr“ in Friedrichshafen. Das Netzwerk wird getragen vom DRK-Kreisverband Bodenseekreis, dem türkischen Arbeitnehmerverein Friedrichshafen, Karin Sobiech-Wischnowski vom Stadtseniorenrat Friedrichshafen, der städtischen Seniorenberaterin Wilma Heiliger und der Stadträtin Angelika Drießen. Rund 50 Senioren tauschten sich darüber aus, wie ihre Wünsche an eine ambulante Pflege oder eine Pflegeeinrichtung sind, wenn sie sich zuhause nicht mehr selbst versorgen können. Dabei wurde deutlich, dass sich die Vorstellungen deutscher und türkischer Senioren nicht wesentlich unterscheiden.Christa Winckler vom Stadtseniorenrat und Ümit Gökhan, Vorsitzender des türkischen Arbeitnehmervereins, fassten erste Überlegungen zu diesem Thema zusammen und stellten sie zur Diskussion. „Auch Migranten machen sich Gedanken, was die Zukunft bringt, weil klar ist, dass sie hier in Deutschland bleiben werden, weil auch ihre Kinder hier bleiben“, meinte Gökhan. Daher gewinne die Frage nach den Rahmenbedingungen für kultursensible Pflege immer mehr an Bedeutung.Muttersprachliches Pflegepersonal, einen Gebetsraum für Muslime und ein Speiseplan, der Rücksicht auf die Essgewohnheiten der türkischen Senioren nimmt, „das sind alles Kleinigkeiten“, meinte Winckler. Berücksichtige man diese Punkte jedoch in einer Pflegeeinrichtung, könne man dafür sorgen, dass sich alle Menschen dort wohl fühlten, dass sie Ansprechpartner fänden. „Man kann beispielsweise einen Raum so herrichten, dass er von Menschen aller Religionen genutzt werden kann“, meinte Winckler.Etwas schwieriger sei die Frage des muttersprachlichen Pflegepersonals, so Gökhan: „Wir wissen zwar, dass türkische Jugendliche in den Pflegeschulen willkommen sind.“ Doch seien in der Region viele Pflegeeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft. Hier könnten muslimische Pflegekräfte zwar arbeiten, seien von Führungspositionen aber ausgeschlossen. „Es ist schwierig, eine Ausbildung zu machen, ohne Perspektive auf einen beruflichen Aufstieg zu haben“, meinte Gökhan.Die Mitwirkenden im Netzwerk „Zum Kennenlernen ist man nie zu alt“ sicherten zu, die Anregungen zur Berücksichtigung der kulturell-religiösen Hintergründe bei der Pflege entsprechend weiterzugeben.Ümit Gökhan erklärte: „Wir wollen die Leute darauf aufmerksam machen, dass es Menschen gibt, die andere Bedürfnisse haben.“ Tülay Saygin, Diplom-Sozialarbeiterin beim DRK-Kreisverband, fügte an: „Menschen aus anderen Kulturen sollen sich trauen, ambulante oder stationäre Hilfen in Anspruch zu nehmen. Und dies fällt eben leichter mit der Gewissheit, dass die gewohnten Vorstellungen von Pflege, die ich habe, auch realisiert werden.“

(Erschienen: 08.12.2011 15:55 | Quelle: Schwäbische Zeitung)

Südkurier Artikel vom 04.12.2011

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